Glossar


 
Parallelschwingkreis

1.Einführung
Der Parallelschwingkreis ist eine Anordnung von zwei elektrischen Energiespeichern unterschiedlicher Natur, er hat eine hohe Bedeutung in der Elektrotechnik besonders der Nachrichtentechnik. Ein Schwingkreis zeichnet sich dadurch aus, daß Energie periodisch zwischen verschiedenen Energieformen ausgetauscht wird. In der Elektrotechnik sind dies das elektrische und das magnetische Feld.

1.1 Analogie der Mechanik zur Elektrotechnik
In der Mechanik entspricht die Masse der Induktivität und die Federkraft der Kapazität. Berechnet man beide Systeme, das elektrische oder das mechanische, erhölt man den gleichen Typus von Differentialgleichung. Deren Lösungsansatz findet sich in unzähligen Werken der Physik und Mathematik.

1.2 Historie
Aufmerksam geworden ist man Ende des 19. Jahrhunderts auf elektrische Schwingkreise unter anderem auch im Zusammenwirken von elektrischen Funken, Leydener Flaschen (frühe Kondensatoren) und gewickelte Drahtspulen. Man konnte zur damaligen Zeit mit mechanisch angetriebenen Funkeninduktoren hohe elektrische Spannungen erzeugen, die so getrennte Ladungen in Glasbehältern auf metallischen Belägen speichern. Bei Untersuchungen zur Messung der Zeitdauer von elektrischen Funkenentladungen hatte man auch festgestellt, daß die Funkenentladung nicht als Gleichstrom stattfindet, sondern als Wechselstrom. Bei dieser Messung wurden sehr schnell drehende Spiegel in der Nähe der Funkenstrecke plaziert und das gespiegelte Licht des Funken auf einem Filmstreifen photografiert. Aus der Drehgeschwindigkeit, Abstand und der belichteten Länge konnte die Zeitdauer des Funken berechnet werden. Dabei wurden auch unbelichtete Perioden entdeckt und man vermutete daraus eine Periodizität des Funkenlichts. Der Funken hat in diesem Fall einen Schwingkreis angeregt. Parasitäre Schwingkreise sind grundsätzlich immer vorhanden, selbst ohne bewust angeordnete Bauteile, es ist nur eine Frage der Größenordnung der Qualität und des Bereiches wo sie wirksam sind. Von technischer Bedeutung waren Funkeninduktoren als erste Sendeanlagen. Der Anreiz lag auch darin Sendeanlagen zu verbessern, um die Beherrschbarkeit konstanter Frequenzen zu vereinfachen und zu verbessern. Es geschah etwa 1914 als wichtige Entdeckung von Herrn Meißner (damals Telefunken) einen rückgekoppelten Oszillator zu entwickeln, der eine ständige gut kontrollierbare Frequenz ermöglichte, etwa auch um diese Zeit standen die ersten Elektronenröhren in Serienproduktion. Diese Kombination aus verstärkender Röhre und LC Schwingkreis mit induktiver Mitkopplung bekam den Namen des Erfinders, Meißner Oszillator. Eine Vielzahl weiterer Schaltungsvarianten mitgekoppelter LC Oszillation wurden in der Folgezeit entwickelt, sie basieren aber alle auf dem gleichen Prinzip der drei Elemente: Mitkopplung - Verstärkung - LC Schwingkreis. Die Elektrotechnik ist ohne Schwingkreise undenkbar.

1.3 Historische Literatur
Dem elektrotechnisch Interessierten sei besonders empfohlen sich mit Literatur zur Elektrotechnik aus der Jahrhundertwende und der Zeit der Weltkriege zu beschäftigen, diese Bücher sind meist sehr anschaulich und erzählerisch beschrieben, sie erläutern noch die Entdeckung, das Warum und das Wie etwas geschah. Ungemein hilfreiche Brücken zur Vergangenheit, viele heutige angewandte modernste Methoden sind so schneller in ihrer Basis zu verstehen.

2.Verlustfreier Parallelschwingkreis
Beginnend mit dem verlustfreien Schwingkreis, er ist ein theoretischer Sonderfall. Der ideale Parallelschwingkreis besteht aus zwei Energiespeichern, einer Kapazität C und einer Induktivität L. Der angenommene Sonderfall ist die Annahme, der Schwingkreis wäre verlustfrei, in der Realität kommt das nicht vor, zur Verständnisbildung ist es jedoch ein sehr hilfreiches Gedankenmodell, da in vielen Anwendungsfällen die Verlustarmut eines der obersten angestrebten Ziele ist.




Bild 1 zeigt die beiden Energiespeicher C1 und L1.

in einer Kapazität C ist die elektrische Ladung in Form des elektrischen Feldes gespeichert, die Energiemenge beträgt: W=0.5 * U²*C [1]

in einer Induktivität L ist die elektrische Ladung in Form des magnetischen Feldes gespreichert, die Energiemenge beträgt: W=0.5 * I²*L [2]

[1] leitet sich ab aus Integral der Arbeit=Integral aus C*u*du, für [2] ist es ähnlich.

Die gespeicherten Energiemengen (hier in den Einheiten VAs) sind proportional zur Kapazität, Induktivität und sogar quadratisch zur Spannung und Strom. Beide Energiespeicher elektrisches und magnetisches Feld sind untrennbar miteinander verbunden. Der Abbau und Aufbau eines elektrisches Feldes verursacht immer ein magnetisches Feld und umgekehrt, es läßt sich auch sagen, der Verlust des einen Feldes vergrößert das andere, die Energieformen tauschen sich periodisch aus.

2.1 verlustloser Parallelschwingkreis in Ruhe
Die Betrachtung geht hier von einem ruhenden Zustand aus, das bedeuted keiner der Energiespeicher trägt seine Energieform. Es fließt kein Strom und im Kondensator befindet sich keine Ladung. Außerdem befinde sich der ideale Schwingkreis in einer elektrisch energielosen Umgebung ( - sonst bliebe der ideale ungedämpfte Schwingkreis nicht in Ruhe - Gedankenmodell).

2.2 Anregung des verlustfreien Schwingkreises
Nun werde der ruhende Schwingkreis angeregt durch einen Energiestoß von außen, der an den Schwingkreis heran getragen wurde. Hierzu würde beipielsweise ein kurzer Stromstoß in den Schwingkreis hinein genügen. Als sehr willkommenes Hilfsmittel zur Darstellung dient das kostenfreie numerische Schaltungssimulationsprogramm LTspice/Switcher CADIII von Linear Technology, erhältlich unter www.linear.com





Bild 2 zeigt die Schaltung für den Anregevorgang des verlustfreien Schwingkreises

- links eine DC Spannung mit 2 Volt und einem Innenwiderstand von 0.001 Ohm.

- Dauer der Simulation 0 bis 5ms, die kleinste maximale Rechenschrittweite ist begrenzt auf 10ns.

- S2 ist ein spannungsgesteuerter Schalter mit einem Durchlaßwiderstand von 0.001 Ohm, Sperrwiderstand 100 Megaohm, Vt ist die Einschaltspannung von 0.5 Volt. Die Hysterese beträgt -0.4 Volt, d.h. der Schalter schaltet bei 0.1 Volt wieder aus. S1 und S2 sind identisch.

- die Spannungsquellen V2 und V3 dienen zur Ansteuerung von S1 und S2.

- V2 und V3 schalten 1 Volt Rechtecke zu den angegebenen Zeitpunkten, diese sind v.l.n.r. als x-y Wertepaare gelistet.

- C1 und L1 bilden den Schwingkreis.

- alle Parametereinstellungen sind quasi-ideal und beschreiben eine nahezu verlustfreie Schaltung. Die theoretisch idealen Werte lassen sich nicht für alle Parameter einstellen, da das Programm ein Mindestmaß an Realität voraussetzt.





Bild 3 zeigt die Steuerspannungen V(eina) und V(einb) und die Spannung V(out) am Schwingkreis


Zum Zeitpunkt 0 ms des Einschalten befindet sich keinerlei Energie in C1 und L1.

Zum Zeitpunkt 0.5ms steigt V2 sprungförmig auf 1 Volt. Beim Überschreiten der Schwellspannung Vt=0.5 Volt schaltet der Schalter S2 durch, der Schalterwiderstand sinkt dadurch schlagartig von 100 Megaohm auf 0.001 Ohm, Dadurch lädt sich der Kondensator C1 durch die niederohmige Spannungsquelle in kürzester Zeit auf den Nennwert der DC-Spannungsquelle von 2 Volt, dabei fließt kurzfristig ein sehr großer Ladestrom, (nicht dargestellt). Nach einer Millisekunde schaltet S2 wieder aus und ist wieder hochohmig. Der Kondensator C1 ist nun auf 2 Volt aufgeladen und befindet sich sozusagen abgeklemmt vom Rest der Schaltung (beide Schalter sind offen), er hat seine Energie gespeichert als elektrisches Feld, meßbar als Spannung. (In der Mechanik ist das C vergleichbar wie eine gespannte Feder).

Zum Zeitpunkt 1.5 ms schließt Schalter S1 und ist niederohmig, dadurch wird schlagartig der Kondensator mit der Induktivität verbunden. Der geladene Kondensator wirkt nun als Spannungsquelle für die daran angeschlossene Induktivität. Nun beginnt sofort ein Stromfluß aus dem Kondensator heraus in die ungeladene Induktivität hinein, der Stromfluß aus dem Kondensator bedeutet einen Verlust seiner Ladung, die Energiemenge im Kondensator sinkt, meßbar als eine Spannungsreduzierung.

Zum Zeitpunkt des Schwingvorgangs; nun muss diese aus dem Kondensator abgeflossene Energie irgendwo hin? Ja, da Energie nach den Regeln der klassischen Physik weder erzeugt noch vernichtet werden kann, wird der Energieverlust des elektrischen Feldes im Kondensators durch die Induktivität aufgefangen. C und L sind hier in Reihe geschaltet (ja in Reihe, sonst ist nichts daran angeschlossen!), d.h. in C und auch in L fließt nach der Knotenregel derselbe Strom, man kann ihn als Schwingstrom bezeichnen. Der beginnende Stromfluß aus dem C heraus in das L hinein bedeutet aber gleichzeitig den Aufbau eines magnetischen Feldes in der Induktivität, alles passiert auf Kosten des elektrischen Feldes. Im Zeitpunkt der fast entladenen Kapazität erreicht die zeitliche Spannungsänderung der Kapazität ihren höchsten Wert, zu diesem Zeitpunkt erreicht das magnetische Feld ihr Maximum, es fließt dann der höchste Strom. Ein hoher Stromfluß in einer Induktivität bedeuted eine hohe gespeicherte Energie. Nach einer halben Periode spielt die Induktivität den Ball zurück und baut das elektrische Feld wieder neu auf, diesmal auf Kosten des eigenen magnetischen Feldes. Ein magnetisches Feld mit zugehörigem gerichtetem Strom ist anschaulich vergleichbar als ein Stück bewegte Masse, bewegt sie sich einmal, will sie sich weiter in ihre alte Richtung weiterbewegen (Stromrichtung). Die Energie der bewegten Masse liegt in ihrer kinetischen Energie, bei der Induktivität entspricht das aufgebaute magnetische Feld der kinetischen Energie. Bei einer bewegten Masse benötigt man Kraft um ihre Bewegung zu stoppen, erst wenn die Bewegung gestoppt worden ist, ist auch die kinetische Energie Null. Bei der Induktivität ist es vergleichbar, erst wenn der Stromfluß gestoppt worden ist, ist das magnetische Feld Null. Das Stoppen der bewegten Masse geschieht durch eine Feder, die durch die Bewegung gespannt wird und dabei dauert das Spannen der Feder solange wie noch die kinetische Energie eine Bewegung der Feder ausüben kann. Die Feder entspricht somit die Kapazität der Elektrotechnik. Die Feder kann in ihrem gespannten Zustand Energie speichern, wird sie freigelassen kann die sich freisetzende Bewegung durch ihre Kraft Massen beschleunigen setzen und diesen dadurch wieder kinetische Energie zuführen.

Das Wesen eines verlustfreien Kreises, beide Felder tauschen ihre Energie periodisch miteinander aus, keine einmal zugeführte Energie verläßt den Schwingkreis.

Sofort zum Zeitpunkt des Anklemmens des Kondensators wird der Schwingkreis angeregt, der Kreis nimmt aber nicht mehr Energie auf als ihm zugeführt worden ist. In diesem Fall waren dies nach [1] W=0.5 * 2V * 2V * 4.7As/V * exp-6 = 9.4 * exp-6 * VAs mit (VAs=Wattsekunden=Joule). Als Spannungsamplitude stellt sich im Schwingkreis die Anregespannung von 2 Volt ein, da der Energieerhaltungssatz selbstverständlich auch für einen verlustlosen Schwingkreis gilt, diese Erkenntnis ist wichtig. Es kann nur soviel Energie im verlustfreien Schwingkreis oszillieren, wie einmalig eingespeist worden ist.

Weitet man die Simulation zeitlich auf lange Werte aus, so hält die einmal angeregte Oszillation unendlich lange an, diese Simulation ist natürlich sinnlos. (Korrekterweise müsste man sagen, dies gelte für 100% verlustfreie Schalter und Quellen, worauf hier jedoch aus Gründen der Simulierbarkeit verzichtet worden ist).

Man muss sich klarmachen, der Kreis oszilliert deswegen, da der Schwingungsvorgang die einzig mögliche Form der Energieerhaltung, dem einzig möglichen Gleichgewichtszustand dieses Systems überhaupt ist. Die Natur versucht ständig einen vorhanden Zustand zu belassen und nicht zu stören, jede Änderung eines Grundzustandes erfordert entweder die Energiezufuhr oder Abfuhr aus einem System. In diesem Fall wurde Energie zugeführt, die Antwort des Kreises ist die Oszillation, da Verlustfreiheit vorliegt dauert die Schwingung unendlich an. Man spricht hier von einer freien ungedämpften Schwingung auf der Resonanzfrequenz, in diesem freien unbeeinflussten Fall auch von der Eigenfrequenz.





Bild 4 mit Schwingstrom I(L1)

Im Bild 4 wurde zusätzlich der Schwingstrom I(L1) eingezeichnet. Es ist der um 90 Grad phasenverschobene Schwingsstrom, der sinusförmig zwischen C und L hin- und herfließt. Die Phasenverschiebung läßt sich erklären durch die Betrachtung der Differentialgleichung für das Verhalten von Kapazität und Induktivität.

UL = L * di/dt , die Spannung UL an einer Induktivität ist proprotional zur Änderungsgeschwindigkeit des vorzeichenbewertenden Stromes durch sie hindurch. In Bild 4 zeigt der Strom I(L1) seine maximale zeitliche Änderung während der höchsten Spannung V(out).

IL = C * du/dt , der Schwingstrom I(L1), der auch durch die Kapazität fließt, ist dann am höchsten während der maximalen zeitlichen Änderung der Spannung V(out).

Die abgelesene Stromamplitude beträgt etwa 135mA. Um Gleichung [2] zu erfüllen, müsste sich diese berechnen lassen:

IL = sqrt (W/0.5*L), nachgerechnet ergibt sich: 137.11mA, dieser Schwingstrom fließt für unendlich lange Zeit, solange die Energie im Kreis unverändert bleibt.

3.Verlustbehafteter Parallelschwingkreis
Im idealen Schwingkreis floß nach Anregung kein Strom mehr aus dem Schwingkreis ab, seine Energie blieb konstant. Das war ein blankes Gedankenmodell wie es verlustfrei wäre und ist mit der Realität nicht vereinbar.

3.1Verlustformen
Die Natur ist verlustbehaftet, bei elektrischen Schwingkreisen sind die Verluste vielfältiger Natur um die aufgenommene Schwingkreisenergie wieder zu verlieren:

Ohmsche Wärme Verluste an Leitungen und Bauteilen; an Drähten, Spule und dem Kondensator (ESR, Wirkanteile im ESB)

Verluste durch den Wirkleistungsanteil der abgestrahlten elektromagnetische Welle (trotz geschlossenem Schwingkreis, läßt sich eine geringe Abstrahlung nicht verhindern)

Hystereverluste in der Induktivität, besonders bei Verwendung von Kernmaterialien

Dieelektrische Verluste in der Kapazität

Die abgegebene Energie wird letztendlich in Wärmeenergie umgewandelt.





Bild 5 verlustbehafteter Parallelschwingkreis


Bild 5 zeigt einen verlustbehafteten Parallelschwingkreis, als mögliches Ersatzschaltbild ESB wird ein dem Schwingkreis parallelgeschalteter Widerstand R gewählt. Selbstverständlich gibt es leider auch dieses ESB nicht in der Natur als real vorkommende Schaltung, wie immer ist alles viel komplizierter. Das ESB zeigt eine Anordnung, die mathematisch leicht handhabbar ist und die Verluste bewußt parallel zum Schwingkreis führt. Aus schaltungstechnischer Betrachtung ist es äußerst hilfreich sämtliche Verluste von C und L in einen parallelen Widerstand zu fassen, dazu gibt es Methoden der Umformung. Ein weiterer Vorteil die Verluste zu "parallelisieren" ist, daß die angeschlossene äußere Schaltung prima damit rechnerisch verknüpfbar ist. Beispielsweise jede angeschlossene Last ist schaltungstechnisch nichts anderes als ein weiterer Parallelwiderstand zum eigentlichen Verlustwiderstand R des Schwingkreises. Auch z.B. der Generatorinnenwiderstand der antreibenden Signalqualle läßt sich einfach und bequem parallelschalten, das Ganze wird so rechnerisch einfacher und fußt als Kreiswiderstand Rk.

In vielen Fällen ist es durchaus legitim den realen verlustbehafteten Schwingkreis als verlustfrei anzusehen und nur eine äußere Bedämpfung zu betrachten; natürlich besonders dann der Fall, wenn man die Verteilung der inneren Verluste gar nicht kennt, was häufig vorkommt. Um es vorweg zu nehmen, die Berechnung mit sich nahe an der Realität befindlichem ESB wäre kompliziert. Die Rechnung mittels Differentialgleichung (besonders wenn noch zusätzliche parasitäre Energiespeicher hinzukämen oder Nichtlinearitäten) - viel Spaß -, es erreicht schnell die Unmöglichkeit der analytischen Lösbarkeit, da nützen auchTransformationen in Bildbereiche nichts mehr, weil wahrscheinlich die Rücktransformation nicht mehr gelingen wird. Die einzige mir bekannte noch sinnvolle Lösungsmöglichkeit hochkomplizierter Netzwerke besteht in numerischen Methoden, wie z.B. der Simulation, aber auch numerische wie analytische Mathematik haben beide ein gemeinsames Problem: das Modell muss stimmen - zumindest Ansatzweise, in Punkto Ansatzweise ist die Natur gnädig und gibt dem Berechnenden auch mit nicht perfektem Model bereits viel mit auf den Weg. Rechnerische Genauigkeitsfanatiker werden von der Natur jedoch gnadenlos abgestraft, in diesen Punkten zählt die Erfahrung, das Wissen, das Experimentieren, die Messung und zu guter letzt auch noch das Fünkchen Glück die richtige Richtung eingeschlagen zu haben.

3.2 einmalige Anregung des verlustbehafteten Schwingkreises dazu wird der Versuch aus Bild 4 wiederholt mit einem Parallelwiderstand.





Bild 5 Schaltung zur Anregung des verlustbehafteten Parallelschwingkreises. Der Schaltung wurde ein 200 Ohm Widerstand R1 hinzugefügt, die bisherigen Parameter blieben unverändert.





Bild 6 Anregung verlustbehafteter Kreis.

Die dem Schwingkreis einmalig zugeführte Energie wird durch den Widerstand R1 in Wärme umgesetzt. R1 entnimmt dem Kreis kontinuierlich Energie, dabei reduzieren sich die Amplitude der Spannung V(out) und der Schwingstrom I(L1). Bedingt durch die sich reduzierende Kreisenergie sinkt ständig auch die Stromamplitude I(R1). Der Strom im Widerstand ist streng in Phase zu V(out). Die Amplituden im Kreis reduzieren sich einer Exponential Funktion folgend, sie erreichen praktisch irgendwann den Wert Null (rein mathematisch jedoch nie). Man sagt die Amplituden klingen ab, abhängig von einer Dämpfungskonstanten. Je kleiner der Parallelwiderstand, desto schneller verliert der Kreis seine Energie. Man spricht im vorliegenden Fall von einer freien gedämpften Schwingung. Die Exponentialfunktion gehorcht: u=Ures*e hoch -R/2L*t * sin(wt+phi), deren Herleitung geht aus der Lösung der Differentialgleichung hervor, das ginge in Internet zu weit, dazu muss ich selbst wieder Bücher hervorkramen und lesen, alles andere ist bisher frei runtergeschrieben.

Dem Leser sei hier das Selbststudium mit einem Simulationsprogramm empfohlen und er solle sich die Auswirkungen der Variation von R1 stufenweise betrachten. Besonders mit geringer werdendem Widerstand, d.h. starker Dämpfung kommen keine ganze Schwingungen mehr zu stande, das Ergebnis ähnelt immer mehr den auch in der Praxis beobachtbaren Einschwingvorgängen z.B. bei Rechteckantworten, hierfür ein Beispiel, dazu gilt natürlich nicht das gleiche ESB, die Vorgänge beruhen auf jedoch auch auf LC Schwingvorgängen. Das Vektordiagramm des abklingenden Kreises ergäbe z.B. eine sich drehende Spirale.

3.3 stoßweise Anregung eines verlustbehafteten Kreises
bisher wurde der Kreis nur einmalig mit Energie angeregt, durch die Verluste klingen die Amplituden ab. Um die Schwingung dauerhaft aufrecht zu erhalten liegt es nahe gelegentlich wieder Energie nachzupumpen.





Bild 7 Schaltung stoßweiser Anregung

Der Schalter S3 schaltet jeweils zusätzlich einen Stromimpuls auf den Schwingkreis, um den fast abgeklungenen Kreis wieder mit frischer Energie zu versorgen und zu erneuten Schwingungen anzuregen




Bild 8 Stoßweise Anregung

Das obere Koordinatensystem zeigt Spannungen, das untere nur Ströme. Bis 4ms sind die Vorgänge unverändert zur Schaltung der einmaligen Anregung, die Amplituden sind fast abgeklungen. Nun schaltet sich die DC Spannungsquelle über V(einc) und Schalter S3 für eine Impulsdauer von 200 µs hinzu. Während dieser kurzen Zeitspanne fließt frischer Strom I(R2) in den Kreis hinein und regt die Amplituden wieder auf höhere Werte an. Der ganze Vorgang könnte nun fortlaufend neu anreget werden, das Result wäre diese Schwingung. Die analytische mathematische Handhabung dieser Schaltung gestaltet sich zunehmend schwieriger, spätestens hier spielen Simulationsprogramme ihre Vorteile aus, solange die Modelle noch so einfach sind.

Ähnliche Vorgänge spielen sich z.B. ab beim Betrieb von historischen Funkeniduktoren und Sendern, mit dieser Methode ließen sich Sendeanlagen für einen Morse Code aufbauen. Ein Beispiel aus heutiger Zeit ist die Zündanlage im Kraftfahrzeug. Hier werden aber durch einen Widerstand, oft im Kerzenstecker, die Schwingvorgänge gedämpft, da sie an dieser Stelle unerwünscht sind. Die spektrale Verteilung solcher Signale ist relativ breitbandig und stört leicht die Umwelt (Radioempfang usw.) Weitere Beispiele sind das Bürstenfeuer an einem Elektromotor, Schaltnetzteile oder noch simpler selbst das schnelle "Spielen" am Lichtschalter im Haus ist im Prinzip ein ähnlicher Vorgang. Die Schwingvorgänge sind je nach Anwendung entweder erwünscht oder unerwünscht und werden angeregt oder gedämpft.

3.4 kontinuierliche Anregung des verlustbehafteten Kreises
was liegt nun näher als den Kreis nicht stoßweise sondern kontinuierlich anzuregen. Die kontinuierliche Anregung soll zu einer gewünschten konstanten Amplitude führen. Die Idee ist nun die Verluste durch Dämpfung permanent in wohldosierten, sehr kleinen Portionen nachzuschieben. Wie wäre die Idee einen Konstantstrom ständig einzuspeisen? - um es vorweg zu nehmen es funktioniert nicht. Das Problem, die Spule ist für einen DC Strom niederohmig, der eingespeiste DC Strom würde sich am ESR der Spule in Wärme umsetzen, da dieser niedrohmig ist. Die DC Größen wären quasi kurzgeschlossen. Die einzige Lösung ist es einen Strom einzuspeisen, der der Eigenfrequenz des Kreises identisch ist oder zumindest sehr ähnlich. Nimmt man nun einen Teil der oszillierenden Kreisspannung selbst als Hilfsmittel für eine verstärkte Anregung haben wir einen einfachen aktiven Oszillator.





Bild 8 Schaltung der erzwungenen konstanten Anregung durch eine externe Wechselspannung

In den bisherigen Diagrammen konnte etwa eine Resonanzfrequenz der Größenordnung 2300 Hz erkannt werden. Speist man nun einen über V(einc) und Schalter S3 einen Wechselstrom aus der Quelle V4 ein, wird der Kreis wieder kontinuierlich nachgeladen.





Bild 9 erzwungene konstante Anregung durch eine externe Wechselspannung

Bis zum Zeitpunkt 4ms läuft der Kreis als frei schwingender gedämpfter Kreis, die Amplituden sind stark abgeklungen. Bei 4ms schaltet sich die Wechselspannung V4 hinzu, der Kreis beginnt sich wieder ca. auf den ursprünglichen Energie Wert zu laden. Mit fortschreitender Zeit stellen sich etwa die ursprünglichen Amplituden erneut ein. Der Kreis schwingt nun jedoch nicht auf ursprünglichen, noch unbekannten, Eigenfrequenz sondern höchstwahrscheinlich ein paar Hertz daneben auf der erzwungenen Resonanzfrequenz. Die 4 Volt Speisewechselspannung und der 200 Ohm Vorwiderstand wurden so dimensioniert, so daß sich etwa die ursprüngliche Amplituden einstellen. Man beachte den Strom I(R2), er entspricht genau dem Strom, der in R1 in Wärme umgesetzt wird. Das heißt auch hier hat sich der Energieerhaltungssatz erneut bestätigt. Für eine konstante Amplitude ist dem Schwingkreis ist genauso viel Energie zuzuführen, wie in ihm in Verluste umgesetzt wird.

Eine wichtige Erkenntnis in diesem Versuch ist die Tatsache, daß sich die 4 Volt Speisewechselspannung am Knoten V(out) halbieren - es herrscht ein Spannungsabfall von anscheinend 2 Volt an R2 und die verbleibenden 2 Volt an V(out). Man könnte zur Ansicht gelangen die beiden Wirkwiderstände R1 und R2 sind in Reihe geschaltet und bilden einen Spannungshalbierer - dem ist auch so. Das bedeutende daran ist aber, wenn der Knoten V(out) nach außen hin erscheint wie ein 200 Ohm Widerstand welche Rolle haben dann überhaupt noch L und C? Die Parallelschaltung aus idealem L und C ergibt bei der Eigenfrequenz eine unendlich hohe Impedanz, oder anders ausgedrückt die Addition der komplexen Leitwerte ergibt 0 Siemens.




Bild 10 erzwungene Schwingung auf 1500 Hertz, die Schaltung ist außer der anregenden Frequenz unverändert zu Bild 8

Bild 10 zeigt die erzwungengen Schwingung mit einer willkürlich geänderten Frequenz auf 1500 Hz. Der Kreis schwingt wie gewohnt auf seiner Resonanzfrequenz ein, bei 4ms schalten sich 4 Volt, 1500Hz über den 200 Ohm R2 dazu. Der Kreis beginnt sich wieder zu laden, wobei ihm nun eine Frequenz eingeprägt wurde, die unterhalb seiner Lieblingsfrequenz, der freien Resonanzfrequenz (Eigenfrequenz) liegt. Als Folge davon zieht sich hier V(out) hin bis sie 1500 Hz erreicht. Die ursprüngliche 2 Volt Amplitude an V(out) bleibt unerreicht, das liegt daran, daß bei 1500 Hz die Parallelschaltung des idealen C und L nicht mehr eine unendlich hohe Impedanz ergibt, sondern ein kleinerer Wert. Die Parallelschaltung aus C, L und R1 bildet nun wieder den Spannungsteiler mit R2, wobei R2 hier den meisten Spannungsabfall abbekommt.

Im eingeschwungenen Zustand (>8ms) führt der Kreis eine erzwungene ungedämpfte Schwingung auf konstanter Amplitude aus. Erzwungen deshalb, da er gezwungen wird außerhalb seiner Eigenfrequenz zu schwingen. Ungedämpft deshalb, da ihm genauso viel Energie zugeführt wird, wie er in Form von Verlusten verliert.

4. Schwingwiderstand Zs, Eigenfrequenz fo, Güte Q und Kreiswiderstand Rk des Parallelschwingkreises
4.1 Schwingwiderstand Zs
Auffällig aus Bild 9 war, daß im Resonanzfall die Parallelschaltung aus C und L eine unendlich hohe Impedanz ergibt. Diese soll näher untersucht werden.





Bild 11 zeigt den Betrag und Phase der Impedanzen von C1 und L1

Die Eigenfrequenz liegt genau im Schnittpunkt der beiden Impedanzverläufe von C1 und L1, im vorliegenden Fall bei 2328 Hertz. Bei der Resonanz haben Kondensator als auch Induktivität den selben Betrag der Impedanz von ca. 14.6 Ohm, lediglich mit den unterschiedlichem komplexen Vorzeichen. Diese 14.6 Ohm sind eine signifikante Größe des Kreises, man nennt ihn den Schwingwiderstand. Er spielt in der Dimensionierung von Schwingkreisen in der Nachrichtentechnik in der Praxis eine nicht unbedeutende Rolle, darauf soll hier jetzt aber nicht im Detail eingegangen werden, von Bedeutung ist er z.B. in den Bereichen Leistungsanpassung. Man betrachte nochmals Bild 4, der aus [2] und der Kenntnis der Energiemenge berechnete und abgelesene Schwingstrom I(L1) betrug etwa 137mA. Es ist jetzt bald zu durchschauen, wie der Schwingstrom ohne die Kenntnis von Strom oder Spannung noch zu berechnen ist.




Schwingwiderstand Zs = sqrt (L/C)

Der Schwingwiderstand Zs geht aus von der Überlegung, daß es zeitliche Momente während des eingeschwungenen Zustands des Kreises gibt, in denen die Energie in der Kapazität als auch in der Induktivität gleich groß sind, das geschieht zeitlich gesehen immer zwei mal pro Periode, ein einziges mal beim Rausfließen des Stromes aus der Kapazität und ein einziges mal beim Zurückfließen des Stromes in die Kapazität. In diesen Momenten des Energiegleichgewichtes aus elektrischem und magnetischem Feld lassen sich natürlich auch die beiden Gleichungen [1] und [2] gleichsetzen, die oftmals unbekannte Energiemenge im Kreis kürzt sich so einfach heraus und das Ergebnis für den Schwingwiderstand findet sich in [3]. Der Schwingwiderstand ist auch berechenbar als Quotient aus maximaler Spannung und maximalem Strom, des eingeschwungenen freien ungedämpten Kreises.

Für unsere bisherigen Beipiele gilt: Zs = sqrt(0.001H/4.7µF) = 14.5865 Ohm

Hervorzuheben ist, daß wenn es notwendig ist einen bestimmten Schwingwiderstand bei einer bestimmten Resonanzfrequenz zu fordern, dass es dann nur eine einzige mögliche Kombination aus einem Wertepaar von C und L gibt, das diese Bedingung erfüllt, man darf dann nicht irgendeinen Kreis aufbauen, der die Frequenz erfüllt, sondern nur denjenigen aus diesem einzigen C-L Paar.

4.2 Eigenfrequenz fo des verlustlosen Kreises
Sie ist die Frequenz auf der ein freier verlustloser Schwingkreis schwingt. Sie läßt sich ermittlen aus der Parallelschaltung der zwei Impedanzen von C und L. Die Paralleschaltung zweier Impedanzen ist grafisch etwas schwierig durchführbar. Wesentlich einfacher wäre es beim Reihenschwingkreis, dort ist grafisch die Addition beider Impedanzen leicht. Aber nur kein Beinbruch, um dieses auch beim Parallelkreis zu tun gibt es einen kleinen Trick. Die Parallelschaltung zweier Widerstände/Impedanzen ist gleichbedeutend mit der Addition zweier Leitwerte. Als Symbol für den Leitwert lässt sich z.B. das G oder B wählen, für die Impedanzen das X.





Bild 12 Herleitung der Gleichung zur Berechnung der Eigenfrequenz

Im Bild 12 findet sich die Herleitung der Eigenkreisfrequenz des verlustfreien Kreises. Abgeleitet aus der Feststellung die Addition der Leitwerke sei bei Resonanz Null Siemens.

Eigenkreisfrequenz wo verlustfreier Kreis wo = 1/sqrt(L*C) [4] wobei wo=2*pi*fo

Eigenfrequenz fo verlustfreier Kreis fo = 1/sqrt(L*C)*2*pi [5]

Für unsere bisherigen Beispiele gilt: Eigenfrequenz fo = 1/sqrt(0.001mH*4.7µF)*2*pi = 2321.5134 Hertz

Beide Gleichungen gelten für den verlustfreien Kreis und nur eingeschränkt für Kreise mit hoher Dämpfung, da der Verlustwiderstand einen Einfluß auf die Eigenfrequenz ausübt. Bei Kreisen mit kleinen Verlusten ist es jedoch problemlos möglich auch mit [4] oder [5] zu rechnen. Bei kreisen höherer Dämpfung liegt die tatsächliche Eigenfrequenz zunehmend niedriger als [5] vorhersagt, dazu muss wieder auf die Dämpfungskonstante hingewiesen werden.

4.3 Güte Q des Schwingkreises
mit zunehmender Belastung sinkt die Güte des Parallelschwingkreises. In den Versuchen mit Bild 9 und 10 konnte bereits beobachtet werden, daß sich der Spannungsteiler aus Quelle und Schwingkreis sich mit zunehmender Belastung erheblich zu Ungunsten der Schwingkreisspannung verschlechtern kann. Die Folgende Simulation zeigt den Amplitudengang einer festen LC Kombination mit variablem Verlustwiderstand.





Bild 13 Schaltung zur Simulation der Auswirkung verschiedener Verlustwiderstände.

Bild 14 unten, zugehöriger Amplitudengang




Bild 13 ist eine parametrische Simulation. Man beachte die Programmzeile .step param Rvar 40 1k 100. Der Verlustwiderstand R1 erhält einen Startwert von 40 Ohm (die grüne unterste Kurve), im nächsten Simulationsvorgang erhöht sich der Widerstand um die Stepweite 100 Ohm auf 140 Ohm, dann auf 240 Ohm bis zu 940 Ohm, die oberste Kurve stellt den Endwert von 1 kOhm dar.

Einspeisung des Parallelschwingkreises aus einem Konstantwechselstrom von 1mA, dessen Frequenz von 1.8 kHz bis 3.1 kHz simuliert und die Amplitudengänge von V(out) dargestellt worden sind. Die Programmzeile .ac dec 100000 1kHz 5kHz beschreibt die Sweepbreite der Quelle I1, intern simuliert wurde von 1kHz bis 5 kHz mit 100000 Berechnungen pro Frequenzdekade. Die hohe Anzahl an Berechnungen ist nötig, um die Spitze der Resonanzkurve unverfälscht darzustellen.

Erkenntnis bisher war, im Falle der Resonanz ist die Parallelschaltung aus C1 und L1 extrem hochohmig. Betrögt der Verlustwiderstand 1 kohm, so fließt durch ihn ein Strom von 1mA, nach dem ohmschen Gesetz ergibt dies ein Wechselspannungsabfall von 1 Volt, gezeigt im Diagramm als die oberste Kurve. Es ist nun offensichtlich, daß alle weiteren Verluste den Schwingkreis immer mehr bedämpfen, man sagt auch der er verliert an Güte. Würde man jetzt die Simulation ansetzen mit einem sehr hohen Widerstand R1 von z.B. 100k, so entstünde bereits ein V(out) von 100 Volt im Resonanzfall. Zwecks der Darstellbarkeit in einem gemeinsamen Diagramm wurde auf hohe Widerstandswerte von R1 verzichtet.

Ein sehr hoher R1 bewirkt, daß sich der Schwingkreis immer mehr dem verlustfreien Kreis annähert, in der Praxis bedeutet dies, der nutzbare Spannungsabfall am Kreis steigt bedeutend an, der Kreis gewinnt an Güte. In der Nachrichtenübertragung werden Parallelschwingkreise sehr gerne so verschaltet, daß der resultierende Verlustwiderstand im Kreis möglichst hoch ist und ein Maxima an machbarer Spannungsresonanz einer bestimmten Frequenz entsteht. Als Beispiel seien z.B. die Empfangskreise von Radio- und Fernsehgeräten genannt. Aufgabe der Schwingkreise darin ist es, die gewünschte Sendefrequenz gezielt herauszufiltern und die sehr kleinen empfangenen Antennenspannungen möglichst stark anzuheben aus der Vielzahl der sich im Raum befindlichen Frequenzen, um die Weiterverstärkung erst zu ermöglichen. Hierbei treten eine Menge praktischer Probleme auf, die Kunst Sende- und Empfangsanlagen zu entwickeln wurzelzt in den Kenntnissen der Schwingkreise. In der Elektrotechnik ist es aus Gründen der Bauteileeigenschaften meist vorteilhaft mit Spannungen und nicht mit Strömen als Signal zu arbeiten, deswegen wurde hier in der Simulation ein üblicher leicht generierbarer Strom als Quelle angesetzt, um als Signal eine leicht zu verarbeiten Spannung zu erhalten.




Bild 15 zeigt der Vollständigkeit halber noch den zugehörigen Phasengang. Die grüne Linie gehört zum Verlustwiderstand 40 Ohm, die Linie mit der steilsten Steigung zum 1k Widerstand. Mit zunehmder Güte des Schwinkreises versteilert sich auch die Phase im Bereich der Resonanz.




Bild 16 Herleitung der Gleichung [6] zur Berechnung des Amplitudengang bei Stromeinspeisung. Einmal als komplexe Gleichung für den Frequenzgang (Phasen- und Amplitudengang) und als Betragsgleichung für den Amplitudengang. Den Phasengang erhält man durch Berechnen des arctangens der komplexen Gleichung.




Simulations Beispiel zur Güte im Bild 17



Im Bild 17 wurde der Kreis etwa mit der Resonanzfrequenz 2321 Hz angeregt, die Anregung liefert eine AC Stromquelle mit 5 mA. Im ohmschen Verlustwiderstand 1k fließen dadurch 5mA. Da der Kreis auf Resonanz schwingt ist die Parallelschaltung aus C und L extrem hochohmig, d.h. es fließt kein Strom in L oder C von außen hinein. Man vergleiche I(R1) mit dem Zuleitungskonstantstrom 1 mA, sie sind beide identisch.

Erstaunlich sind die hohen Schwingströme, mit der sich im Kreis die elektrische und magnetische Energie gegenseitig austauschen. Im Diagramm lassen sich ca. 350 mA ablesen. In Erinnerung an den Schwingwiderstand [3] war Zs=sqrt(L/C) = 14.58 Ohm. Am Kreis bilden sich 5 Volt Wechselspannung aus, man berechne 5 Volt/14.58 Ohm = 343 mA.

Wir bilden nun einfach mal das Verhältnis aus gemessenem oder auch berechnetem Schwingstrom Is zum Strom, der dem Kreis vom Generator geliefert werden muss:

Fall A: 343 mA / 5 mA = Faktor 68.6 der Schwingstrom ist gegenüber dem Wirkstrom der Quelle um den Faktor 68.6 überhöht.

Fall B: Gedanklich das gleiche Spiel mit einem Verlustwiderstand von 100 kOhm, dann ergäbe sich eine Kreisspannung von 5mA*100k=500V, die einen Schwingstrom von 500V/14.58Ohm = 34 Ampere generieren würde! Die Verhältnisbildung Is/Iwirk=6858 fache Stromüberhöhung.

Die Güte beschreibt die Überhöhung der Schwingströme gegenüber dem Einspeisestrom der Quelle im Resonanzfall. Der Kreis im Fall A hat eine Güte Q von 68.6 , der Fall B eine Güte von 6858.

Daher gilt im Resonanzfall Schwingkreisstrom Is = ICres = ILres = Q*Iwirk, die Gleichung umgestellt Q = Is/Iwirk [7]

Die Güte ist auch der reziproke Wert des Verlustfaktors d, daher gilt d = 1/Q [8]

Die Herleitung der Güte gilt im Falle der Resonanz, wenn die Ströme im Kondensator und der Spule die gleiche Amplitude zeigen. Mit einer Stromzange können die Kreisströme beobachtet werden, man beachte aber die von der Stromzange aufgenommene Energie stellt bereits eine Dämpfung dar.

Wird der Kreis außerhalb der Resonanz betrieben, z.B. unterhalb fo, so ist die Amplitude in der Spule größer als der im Kondensator - die Sache dann zu ermitteln wird eventuell kompliziert - prinzipiell könnte der Mittelwert beider Güten (jeweils aus Ic und IL ermittelt)in etwa die richtige sein, die auch für Resonanz gilt? Dieses Thema dient vielleicht nährerer Beleuchtung.

In der Praxis sind Güten von mehreren hundert für übliche LC Schwingkreise aus klassischen Einzelkomponenten schon sehr gute Werte. In der Mechanik können Schwingkreise sehr hohe Güten erreichen, Güten von ettlichen Tausend sind keine Seltenheit (Beispiele sind Quarze, selbst die moderne Mikromechanik zählt dazu).

4.4 Die Betrachtung der Schwingkreis Güte über die Bandbreite
Die Bandbreite im Zusammenhang mit Schwingkreisen läßt sich ermitteln aus denjenigen Frequenzen im Amplitudengang, bei der die Amplitude bereits um -3 dB , V(out)res/sqrt(2) kleiner geworden ist. Man erhält rechts und links von der Resonanzstelle ein Band, die Breite dieses Bandes nennt man Bandbreite. Schwingkreise hoher Güte haben eine kleinere Bandbreite und umgekehrt.





Bild 19 Bandbreiten eines Kreises mit hoher und kleiner Güte

Die Bandbreiten lassen sich in der praktischen Messtechnik z.B. leicht an einem Oszilloskop ablesen, sie lassen sich aber auch berechnen, dazu verwenden läßt sich Gleichung [6].

Wir setzen ein für i=5mA wie im Beispiel aus Bild 18, fres=2321Hz, R=1k, C=4.7µF und L=0.001H dafür errechnet sich eine Kreisamplitude von: 4.9977 Volt

Die Bandbreite war B=Uo*0.707106... d.h. die Amplitude bei der Bandbreite beträgt 3.533909 Volt. Diese 3.53..V sind einzusetzen in [6]und nach f aufzulösen. Als Ergebnis errechnet sich: ein widerliches Biest einer Gleichung, vergiss es. Ist zunächst einfacher sie aus dem Diagramm zu ermitteln:





Bild 20 Bandbreite angezeigt mit dem Cursor

Mit dem Cursor wurden die Frequenzen der Bandbreite angefahren, sie betragen 2.30473 kHz linksseitig der Resonanz und 2.3384 kHz rechtsseitig der Resonanz. Die Differenz aus beiden ergibt: 33.67 Hertz, genau dasselbe was auch das Programm automatisch ermittelt.

Das Programm ist wirklich intelligent programmiert, auch sehr einfach bedienbar, mein großes Lob an Linear Technology - das waren E-Techniker, die den Softwerkern genau sagten was sie wollten. Oft sieht sonst das Werk eines waschechten Softwerkers im Mittel deutlich anders aus - kryptisch - fünfzehnmal online Hilfe lesen - nach zwei Stunden googeln und Foren durchkramen - dann erst verstehen, wie man im Programm wo das gesuchte Häkchen setzt.

Die Güte Q und die Bandbreite B hängen wie folgt zusammen: Güte Q = fo/B [9].

So errechnet sich leicht Q = 2321 Hz / 33.67 Hz = 68.93 hurra - das ist das gleiche Ergebnis wie es aus Bild 18 mit dem Schwingstrom errechnet worden ist. (hurra ist keine neue SI-Einheit).

4.5 Kreiswiderstand Rk
Der Kreiswiderstand Rk ist eine wichtige Größe im Schwingkreis, nicht zu verwechseln mit dem Schwingwiderstand Zs [3]. Der Kreiswiderstand ist in den Fall unserer Beispiele der Verlustwiderstand, der Kreiswiderstand Rk liegt somit dem C L parallel, das ist deshalb von Interesse, da eine außenliegende Belastung (Generatorinnenwiderstand || angeschlossene Belastung) genau dem Kreiswiderstand Rk entspricht.

Es gelten für den Kreiswiderstand Rk folgende Beziehungen: Rk = wo*L*Q = Q*sqrt(L/C) [10].

Nachgerechnet ergeben sich Rk = 2*pi*2321.5134Hz*0.001H*68.6 = 1000 Ohm , siehe da identisch mit unserem Verlustwiderstand 1k.

Selbstverständlich läßt sich das Spiel umkehren:

man kennt den Belastungswiderstand (Generatorinnenwiderstand @ fres || Belastungswiderstand @ fres) diese Parallelschaltung ergibt den Kreiswiderstand Rk. Ist dieser bekannt so läßt sich mit dessen Kenntnis sehr leicht die Güte des Kreises ausrechnen.

Q = 1k/ (2*pi*2321Hz*0.001H).

Zusammen mit der Kenntnis von C, L und des Kreiswiderstandes Rk (Rk beinhaltet sämtliche Verluste bei fres, Generator, Last, Spulen und Kondensatorverluste) ist eine vollständige Charakterisierung des Kreises möglich. Man braucht dazu weder Differentialgleichungen, Bildbereichstransformationen oder sonst was - das gilt dann natürlich nur für sinusförmige Signale im eingeschwungenen Zustand. Zum wertvollen Hilfsmittel für kompliziertere Signale hat sich heutzutage neben der direkten Messung eindeutig die Simualtion gemausert. Was waren die Elektrotechniker der alten Schule doch für arme Hunde ohne diese Methoden auszukommen - um es vorweg zu sagen - dank deren geübter mathematischer Kenntnis, Gewandheit und Gewohnheit den Verstand zu nutzen - haben sie es z.B. trotzdem geschafft ganz tolle Radios und Fernsehsysteme zu entwickeln.

Leider kommen in der Praxis noch dominante Verluste hinzu, die dummerweise z.B. bei der Induktivität in Serie liegen, also ganz und gar nicht ins behandelte ESB hineinpassen. Man müsste jetzt diesen Serienwiderstand in einen gleichwertigen Kreisparallelwiderstand umformen.

Wickelt man die Spule sehr gut und sie ist verlustarm oder der Belastungswiderstand bereits sehr niedrig, z.B. bei Entnahme von nennenswerter Leistung aus dem Kreis ist der Rk dominierend gering, so daß die Spulenverluste mit einem zugedrückten Auge vernachlässigbar sind. Wollte man diese auch richtig berechen, so wäre das korrekte ESB der Schaltung anzusetzen und für dieses alles neu zu berechnen. Dieses korrektere ESB ist in der Behandlung allerdings komplizierter als das Parallelmodel.


Fachartikel von Dipl-Ing.(FH) Ralf Richard Ohmberger